Amtliches Lockdown wegen der Coronapandemie. Das gesellige Miteinander oder, wie es eine Freundin formulierte, das soziale Kaugummi ruht zurzeit. Auch Betriebsweihnachtsfeiern, die sonst im Dezember Hochkonjunktur hätten, finden nicht statt. Die folgende Geschichte begann kurz nach der Jahrtausendwende auf so einer. Aber von vorne.
Einer der berühmtesten Pfeifenraucher der Kriminalgeschichte war Sherlock Holmes, die geschwungene Tabakpfeife sein Erkennungszeichen. So machte er sich meist mit Dr. Watson auf erfolgreiche Verbrecherjagd. Auf Verbrecherjagd bei der Essener Polizei machte sich auch jahrzehntelang der Erste Kriminalhauptkommissar (EKHK) Wolfgang Dinsing. Lange Jahre Leiter des Rauschgiftkommissariats und die letzten 15 Jahre seiner Dienstzeit Chef der Todes- und Brandermittler. Aufgrund seiner Körperfülle wurde er auch liebevoll „der Dicke“ genannt. Sein zweites Erkennungsmerkmal - seine Tabakpfeife. Oft saß er im Büro über den Akten, die Luft rauchgeschwängert, was zu dieser Zeit niemanden störte. Rauchfreie Zonen oder qualmen auf dem Hinterhof bei eisiger Kälte wie heutzutage – unbekannt im Präsidium.
Apropos geschwängert. Das spielt in der folgenden Anekdote die entscheidende Rolle. EKHK Wolfgang Dinsing rauchte nicht nur die Pfeife, er fertigte sie auch in seiner kleinen Werkstatt in Gelsenkirchen-Buer an. Das war sein Hobby und beruhigender Ausgleich zum Beruf. So qualmten zur damaligen Zeit viele Kollegen im Präsidium eine echte „Handmade-Dinsing“.
Auf einer Weihnachtsfeier der International Police Association (IPA), unter dem Dach des Polizeipräsidiums an der Büscherstraße, wurde der Chefermittler der Mordkommission unfreiwilliger Zeuge eines Frauengesprächs. Eine junge Kollegin erzählte gerade freudig, dass sie schwanger sei. Wolfgang Dinsing drehte sich spontan um, zeigte auf den Bauch seiner Kollegin: „Wenn es ein Junge wird, kriegt er von mir eine handgefertigte Tabakpfeife.“
Ruth Selzer - 2020 - Ermittlerin bei der Bochumer "Sitte"
Der Erste Kriminalhauptkommissar hielt Wort. Er machte sich ans Werk und fertigte für das werdende Leben eine Tabakpfeife an. Aber da er sich mit Drogen und Süchten als Ex-Rauschgiftermittler gut auskannte, war die Übergabe mit einer Mahnung verbunden. Er schrieb Ruth Selzer, so der Name der Kollegin mit dem Kind unter dem Herzen, einen Brief und legte ihn zur Tabakpfeife auf ihren Schreibtisch. „Bitte, händige deinem Sohn erst zu seinem 18. Geburtstag meine Pfeife aus.“ Er verlängerte somit die gesetzliche Raucherlaubnis noch um zwei Jahre.Die dienstlichen Wege des Chefermittlers und seiner Kollegin trennten sich. Ruth wurde Mutter, bekam ihren Jungen mit Namen Ben und wurde nach Bochum versetzt, Wolfgang Dinsing blieb weiterhin in Essen, klärte mit seinen Kollegen Kapitalverbrechen auf und ist jetzt schon 10 Jahre im Ruhestand. Man verlor sich aus den Augen.
Wolfgang Dinsing bei der Arbeit und in einer Ruhephase
Zeitsprung. Nach 18 Jahren klingelte am 13. Juli dieses Jahres das Telefon des Ersten Kriminalhauptkommissars a. D. und Pensionärs in Gelsenkirchen-Buer. Ruth war dran. Sie sei mit ihrem Ehemann - auch Polizist - und ihrem ältesten Sohn Ben auf Sardinien im Urlaub. Die Familie feiere seine Volljährigkeit. Sie habe ihm gerade, wie 2002 vereinbart, die handgefertigte Tabakpfeife vom „dicken Dinsing“ ausgehändigt. Fotos von der kleinen Familienfeier folgten. Darauf zu sehen, der 18-Jährige mit Pfeife im Mund, allerdings ohne Tabak und Qualm. Ben möchte nach dem Abi wie seine Eltern Polizist werden. Ob er allerdings durch das besondere Geschenk vom ehemaligen Chefermittler der Mordkommission zum Pfeifenraucher wird, erscheint eher unwahrscheinlich. Das spielt aber keine Rolle. Die Zeiten haben sich eben geändert, die Verbundenheit nicht. Echte Polizeifreundschaft verjährt eben nicht nicht.
Text: Uwe Klein - Foto © Uwe Klein/ Fam. Selzer
Unser IPA-Mitglied, Erster Kriminalhauptkommissar (EKHK) Dr. Frank Kawelovski, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der NRW-Polizeigeschichte und hat schon einige Bücher darüber veröffentlicht. Ein Schwerpunkt seiner historischen Arbeit ist die Polizei Essen/ Mülheim, denn hier hat er jahrelang Dienst versehen, zunächst als Schutz- und später als Kriminalpolizist. Auf der 100-Jahr-Feier präsentierte er sein Buch "Achtung! Hier Gruga an alle". (Foto) "Gruga" ist der Funkrufname der Polizeibehörde. Weitere Publikationen findet man auf seiner Homepage.
Seit 2014 unterrichtet der promovierte EKHK an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Duisburg angehende Polizisten in Kriminologie und Kriminaltechnik. Auf Veranstaltungen der IPA tritt Frank Kavelowski gerne auch einmal in alten Polizeiuniformen auf.
Ein virtueller Rundgang auf seiner Homepage lohnt sich allemal: https://www.polizeigeschichte-infopool.de/
Und hier geht es zur ehemaligen Polizeiunterkunft und Polizeischule an der Norbertstraße in Essen.
https://www.polizeigeschichte-infopool.de/virtuelles-polizeimuseum/orte/ehemalige-polizeischule-essen/10.2020
(Text/ Fotos: Uwe Klein - 28.10.2020)
Die IPA Essen ist heute mit ein bisschen Verspätung ins neue Dienstgebäude der Polizei eingezogen. Wir waren die Letzten, die die alte Polizeischule verließen. Eigentlich ist so ein Umzug kein Problem. Aber wenn sich ein ganzes Museum mit rund 5000 Exponaten auf den Weg in eine neue Umgebung macht, ist das schon eine Hausnummer. Apropos Hausnummer. Die neue Anschrift lautet jetzt IPA Essen, Theodor-Althoff-Str. 4, 45133 Essen-Schuir.
Die Hauptlast trugen Guido Freese („Museumsdirektor“) und Peter Kapitanek („Technischer Leiter“). Stunden- und tagelang habe sie in den ehemaligen Räumen geschuftet und auf dem Gelände der alten Liegenschaft nebenbei noch „containert“, um historisch wertvolle Fundsachen zu sichern. Jetzt sind erst einmal die kleinen und großen Ausstellungsstücke an neuer IPA-Stätte.
Der Sozialraum für unsere Treffen und Veranstaltungen ist ebenfalls noch nicht fertig. Aber alles sieht sehr gut aus. Unser Dank geht jetzt schon an vielen Projektverantwortlichen der Behörde.
Aber nicht nur der Umzug beeinträchtigt zurzeit das Vereinsleben. Corona hat uns alle ja noch fest im Griff. Wir melden uns, wenn’s wieder los geht.
(Text/ Fotos: Uwe Klein - 24.08.2020)
Im Moment beginnt das große Stühlerücken bei der Essener Polizei. Rund 800 Mitarbeiter, die bislang in der Liegenschaft der ehemaligen Polizeischule in Bredeney arbeiteten, ziehen in neues Dienstgebäude. Auch die Polizeiinspektion 2-Süd verlässt ihren alten Standort.Die Kreispolizeibehörde Essen ist in vier Polizeiinspektionen unterteilt (Mitte, Nord, Mülheim a .d. R. und Süd). Flächenmäßig ist der südliche Bereich der größte. Der Zuständigkeitsbereich reicht von den Stadtteilen Frohnhausen bis Kupferdreh, von Kettwig bis Burgaltendorf. Werden und „Werden Land“ mit Heidhausen und Fischlaken gehören auch dazu. Rund 230.000 wohnen im gesamten Bezirk. Der Sitz der Polizeiinspektion Süd mit der Leitungsebene und der Hauptwache befindet noch zwei Tage an der Norbertstraße 5-7 nahe der Grugahalle und der B224.
Am Freitag, dem 31. Juli ziehen die Bediensteten in das neue Dienstgebäude an der Theodor-Althoff-Str. 4 in den Stadtteil Schuir/ Grenze Bredeney in ein renoviertes Gebäude der ehemaligen Karstadt-Hauptverwaltung. Die Leiterin, Polizeirätin Carina Fischer, hat die kleineren sog. Nebenwachen in Rellinghausen und im Polizeipräsidium bis 22 Uhr, in Kettwig und in Frohnhausen bis 16 Uhr angewiesen, sich mit ausreichendem Personal für Anzeigenaufnahmen, Bürgerkontakte und andere Ersuchen bereit zu halten, heißt es in der Polizeimeldung.
Anmerkung: Auch die IPA Essen mit dem Polizeimuseum wird man in Kürze dort oben in Bredeney/ Schuir finden. (Text/ Fotos: Uwe Klein - 29.07.2020)
In Kürze werden rund 800 Mitarbeiter der Essener Polizei ihren Arbeitsplatz in der alten Polizeischule räumen müssen. Der Umzug in das nahegelegene neue Dienstgebäude der Essener Polizei an der Theordor-Althoff-Straße steht kurz bevor. Die International Police Association (IPA) ist ein Teil dieses Großprojekts mit dem Namen ANITA, sind wir doch ebenfalls mit unserem Hauptsitz und Polizeimuseum in einem der alten Gebäude seit vielen Jahren untergebracht. Über 5000 Exponate heißt es, in Kisten zu verstauen und gegen Beschädigungen zu schützen (wir berichteten).
Aber auch ein paar Großteile sind darunter, wie zum Beispiel ein Bunker. Er alleine wiegt 1,8 Tonnen. Ein Bunker? Gut, er steht jetzt nicht in den Räumen der Ausstellung sondern vor dem Gebäude, in dem früher die Polizisten mit ihren Familien lebten. Viele der Kolleginnen und Kollegen fragten schon immer nach dem Sinn und Zweck dieser rostigen Tonne. Das „Ding“ ist ein Relikt aus dem 2. Weltkrieg. Er sicherte an einer Bahnstrecke in Mülheim die Arbeiter eines Versorgungsunternehmens vor Granatsplitter und Beschuss. Er gelangte vor Jahren von einem Unterstützer des Museums in den Besitz der IPA. Eigentlich waren diese kleinen Bunker, die Schutz für ein oder zwei Mann boten, aus Beton gebaut, weil Stahl für die Fertigung von Kriegsmaterial viel wichtiger war. Da wir ihn ins neue Museum nicht mitnehmen können, wurde nach einem historischen Verbleib „gefahndet“. Ein Museum in Kleve zeigte Interesse und holte das 1,8 Tonnen schwere Gerät jetzt ab. Dort wird er aufgearbeitet und dauerhaft bleiben. (Text: Uwe Klein/ Fotos: Guido Freese/ Rainer Wittka - 26.07.2020)