Die älteren Kollegen werden sich vielleicht noch an den Vorfall erinnern. Es war der 16. August 1973, ein schöner Sommertag in Essen. Ich war junger Schutzmann (20) und Hauptwachmeister auf der „Gerlingwache“. Der Tatort „Hotel Handelshof“ befand sich in „meinem“ Schutzbereich.
Anfang dieses Jahres wurde der ehemalige Essener Polizeibeamte 90 (!) Jahre alt. Ein Glücksfall. Nicht nur für ihn, sondern besonders für seine Familie, Freunde und Kollegen, denn Werner Lortz wurde vor fast 45 Jahren in dem Essener Nobelhotel gegenüber dem Hauptbahnhof niedergeschossen. Vier Projektile vom Kaliber 7,65mm, die ein holländischer Drogendealer aus einer belgischen Pistole abfeuerte, trafen den Kriminalhauptkommissar im Bauchbereich und an den Beinen. Der damals 45 Jahre alte Polizist überlebte schwer verletzt, war ein Jahr „außer Gefecht“, wie er einmal erzählte. Auch der Rauschgifthändler und Schütze wurde von einem Kripobeamten angeschossen, später zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt, verteidigt von dem Münchener Staranwalt Rolf Bossi.
Werner Lortz arbeitete zu der Zeit beim Rauschgiftkommissariat, das von einem großen Drogengeschäft im Hotel Wind bekommen hatte. Die holländischen Händler sollten am 16. August auf frischer Tat während des Deals festgenommen werden. Doch der Täter schoss sofort aus der Jackentasche, als sich die Beamten zu erkennen gaben.
Wilfried Goldmann, unser IPA-Freund, der an dem Einsatz beteiligt war, erinnert sich: “Heute würden die Polizeiexperten über den Einsatzverlauf die Hände über den Kopf zusammenschlagen. Aber zu dieser Zeit gab es kein SEK, kein MEK. Wir waren alles in einem und hoch motiviert.“ Die Kollegen wurden auch nicht betreut, bekamen keine Hilfe, wie es heute, Gott sei Dank nach solchen belastenden Einsätzen, der Fall ist. Irgendwie mussten sie das Geschehene verpacken. Sie halfen und unterstützten sich gegenseitig. Noch heute, mittlerweile alle im Ruhestand, treffen sich alle an dem Einsatz beteiligten Rauschgiftermittler.
Werner Lortz habe ich Jahre später als Kollegen näher kennen und schätzen gelernt. 1987 ging er in Pension. Ab und zu treffen wir uns auf dem Werdener Markt und plauschen über alte Zeiten: „ Herzlichen Glückwunsch Werner, bei deiner Zähigkeit freue ich mich schon auf deinen 100sten Geburtstag.“ (Uwe Klein)
Die Fotos zeigen Werner Lortz als jungen Motorradfahrer nach dem Krieg bei der Stadtkreispolizei in blauer Uniform, später als Rauschgiftermittler und vor fünf Jahren mit seiner Frau Juliane. Sie feiern bald ihre diamantende Hochzeit.